Ansprüche auf Auskunft und Klagen bei Erbschaft in der Schweiz


Lesen Sie hier zu folgenden Themen:


Erbschaftsklage, Erbteilungsklage Schweiz
Erbengemeinschaft Schweiz
Klage Auskunft Schweiz Miterben
Klage Schweiz Auskunft Pflichtteil
Auskunftspflicht Vermögensempfänger Schweiz
Auskunftspflicht Vermögensverwalter Schweiz
Auskunftsanspruch des Erben gegen Schweizer Rechtsanwalt, Steuerberater
Herabsetzungsklage Pflichtteil Schweiz

1. Auskunftsanspruch gegen Miterben und Vermögensempfänger

Die Wirkung von Auskunftsansprüchen und Auskunftsklagen gegen Miterben und Geldempfänger zur Ermittlung des Umfangs eines Nachlasses wird weithin überschätzt. Praktisch ist eine Auskunftsklage gegen Miterben und sonstige Personen, die Nachlassgegenstände empfangen haben können, zur Ermittlung des Umfangs eines Nachlasses nicht geeignet. Dies gilt sowohl für Klagen in Deutschland als auch für Verfahren in der Schweiz. Die einfache Begründung  hierfür ist, dass die beklagten Personen im Zivilprozess letztlich nur das offenbaren und zugeben werden, was sie im Anbetracht einer unbestreitbaren Faktenlage ohnehin unausweichlich offenbaren müssen. Deshalb gehen Auskunftsklagen vielfach schlicht ins Leere. Die Erwartung, dass eine Person allein unter dem Eindruck  eines Gerichtsverfahrens " die ganze Wahrheit " sagt, erscheint gerade in einem erbittert geführten Erbstreit naiv. Eine fehlgeschlagene Auskunftsklage und eine "magere " Auskunft im Gerichtsverfahren können letztlich sogar ungewollt die Position der auskunftspflichtigen Personen stärken.

 

Unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Auskunftsklage gegen Miterben, Vermögensempfänger und auch gegen Vermögensberater und Vermögensverwalter des Erblassers sind deshalb sorgfältige Vorermittlungen. Unter sorgfältiger Auswertung sämtlicher bisher verfügbarer Erkenntnisquellen und Unterlagen und erforderlichenfalls unter Mithilfe qualifizierter Privatermittler und sonstige Informanten muss schon eine Faktenlage vorbereitet werden, die auskunftspflichtige Personen ernsthaft befürchten lassen muss, dass falsche oder unvollständige Auskünfte im Prozess sicher erkannt werden und unweigerlich strafrechtliche Konsequenzen wegen Betrug, Unterschlagung oder Untreue haben. Nur unter diesen Voraussetzungen kann von auskunftspflichtigen Personen ein Mehr an Informationen und Auskünften erwartet werden, als der Anspruchsteller bereits selbst weiß.

2. Auskunfts-und Herausgabeansprüche gegen Schweizer Vermögensverwalter

Zuweilen hat der Erblasser Geldvermögen in der Schweiz durch einen Vermögensberater oder Vermögensverwalter betreuen lassen, der mit einer Vollmacht ausgestattet die Vermögenswerte des Erblassers gemanaged hat und insbesondere Transaktionen auf Konten des Erblassers bei bestimmten Banken veranlasst hat.

 

Seriöse Vermögensverwalters halten die ihnen obliegende Dokumentationspflicht auf einem den Banken vergleichbaren Qualitätsstandard. Ein Vermögensverwalter schuldet jedem Erben individuelle Auskunft darüber, bei welchen in- und ausländischen Banken er Vermögenswerte des Erblassers angelegt hat, einschließlich der Verpflichtung über sämtliche Vermögenstransaktionen des Erblassers Rechenschaft zu legen. Insbesondere mit Blick darauf, dass ausländische Kunden bei Geldanlagen in der Schweiz zuweilen unversteuertes Geld mit dem damit verbundenen Drohpotenzial anlegen, kommen in der Schweiz Fälle von unseriösen und in die Nähe von Kriminalität gerückten Vermögensverwaltern vor, die eine solche Konstellation bewusst ausnutzen. Zwar ist ein Vermögensverwalter und Vermögensberater in der Schweiz als Vertragspartner des Erblassers insbesondere aufgrund seiner Treuhandstellung umfassend zu Auskunft und Rechenschaftslegung verpflichtet. In der Praxis scheitern Auskunfts-und Aktenexpedition begehren gegen Vermögensverwalter und Betreuer aber schlicht daran, wenn der Erblasser selbst keinen Wert auf eine vollständige und lückenlose Dokumentation der Tätigkeit des Vermögensverwalters gelegt hat. Ein Vermögensverwalter kann unter diesen Voraussetzungen Auskünfte verweigern oder unrichtige und unzutreffende und unvollständiger Auskünfte erteilen, gerät aber schnell mit dem Schweizer Strafgesetz in Konflikt, wenn ein gut informierte Erbe das Gegenteil beweisen kann. Schon nähere Ermittlungen in der Biographie eines Vermögensverwalters, insbesondere bei welchen Schweizer Banken er möglicherweise einmal angestellt war und mit welchen anderen Banken bzw. Instituten und Vermögensverwaltern er zusammengearbeitet hat, lässt brauchbare Rückschlüsse auf seine Anlagenpolitik und auf diejenigen Banken und Institute zu, bei denen er möglicherweise für den Erblasser Vermögen angelegt haben kann. Gegen diese Banken kann dann wiederum ein Auskunftsersuchen gerichtet werden.

3. Auskunft von Schweizer Rechtsanwälten und Notaren des Erblassers

Auf den ersten Blick scheinen auch die Schweizer Rechtsanwälte und Notare eine mögliche wichtige Erkenntnisquelle für auskunftssuchende Erben zu sein. Denn diese Rechtsanwälte haben den Erblasser bei der Übersiedlung in die Schweiz, bei einzelnen Vermögenstransaktionen und bei der Gestaltung von Eheverträgen und in der Nachfolgegestaltung beraten.

 

Hier gilt grundsätzlich aber die Regel, dass Notare und Rechtsanwälte den Erben keinen Einblick und keine Auskünfte aus ihren „juristischen Beratungsdossiers“ gewähren müssen. Macht ein Erbe gleichwohl einen Auskunftsanspruch geltend, holen die Schweizer Notare und Rechtsanwälte bei ihrer Aufsichtsbehörde routinemäßig eine abschlägige Entscheidung ein, wonach „dem Begehren auf Entbindung vom Berufsgeheimnis nicht stattgegeben“ wird. Zwar wird bei Rechtsanwälten und Notaren, die später als Willensvollstrecker berufen sind, vereinzelt angenommen, dass diese den Erben Auskünfte aufgrund ihrer gesamten erworbenen Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse des Erblassers schulden. Aber auch Auskunftsersuchen mit dieser Begründung werden vor dem Willensvollstrecker regelmäßig nach Einholung einer negativen Entscheidung der Aufsichtsbehörde reflexartig abgelehnt.

4. Auskunftsklage vor Schweizer Gerichten gegen Miterben und Vermögensempfänger

Im Grundsatz gilt in der Schweiz wie auch in Deutschland, dass die Erben sowohl untereinander als auch gegen den Willensvollstrecker und den Schweizer Inventarbehörden verpflichtet sind, alles mitzuteilen und offen zulegen, was bei einer objektiven Betrachtung auch nur möglicherweise geeignet erscheint, die Teilung des Nachlasses in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Hierzu gehören ausdrücklich neben den güterrechtlichen Verhältnissen auch den lebzeitigen vorgenommenen Geldzuwendungen des Erblassers und die Namen ihrer Empfänger. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichts. Insbesondere sind die Erben verpflichtet, über Schenkungen und Schenkungsempfänge zu Lebzeiten, Vorbezüge auf ihren Erbteil, Darlehen, sonstige Vereinbarung mit dem Erblasser gegenseitig Auskunft zu geben und insbesondere Unterlagen offen zulegen, Steuerunterlagen, Schenkungssteuerverfügungen, Steuererklärung oder Bankbelege und sonstige schriftliche Vereinbarungen. Auch eine ausdrückliche Anordnung des Erblassers sie befreit nicht von dieser umfassende Auskunftsverpflichtung. Vermögensverschiebungen zu Lebzeiten müssen offen gelegt werden, wenn sie die Teilung nur objektiv zu beeinflussen geeignet sind.

 

Auch Dritte Personen außerhalb des Kreises der Erben sind in dieser Weise zur Auskunft verpflichtet.

Jedem gesetzlichen oder eingesetzten Erben steht ein individueller, persönlicher Auskunftsanspruch zu.

 

In der Praxis empfiehlt sich die Erhebung einer Auskunftsklage gegen Miterben oder sonstige Personen auch nur dann, wenn beweiskräftiger Tatsachen vorliegen, wonach der Betroffene in der Vergangenheit die Unwahrheit gesagt hat der unvollständig Auskunft gegeben hat. Dann wird ein Schweizer Gericht bereit sein, die Auskunftspflicht des Betroffenen auch unter der Strafandrohung festzustellen. Was die Auskunft dann aber konkret enthält, bleibt offen.

 

Die Auskunftsklage gegen Miterben ist mindestens solange zulässig, wie die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt  ist. Bei Auskunftsansprüchen gegen Dritte, die nicht zur Erbengemeinschaft gehören werden nach allgemeiner Meinung Auskunftsklagen solange als zulässig erachtet, als ein allfälliger Herausgabeanspruch noch nicht verjährt ist.

5. HerabsetzungsKlage wegen Pflichtteil in der Schweiz

Die Herabsetzungsklage vor dem Schweizer Gericht entspricht der Deutschen Pflichtteilsergänzungsklage Mit der Herabsetzungsklage kann ein benachteiligter pflichtteilsberechtigter Erbe ( siehe *Pflichtteil Schweiz*) die Korrektur eines Testaments oder eines Erbvertrags anstreben. Die Klage richtet sich gegen jede "übermäßig begünstigte Person," also entweder Miterben, die Empfänger einer lebzeitigen Zuwendung des Erblassers oder gegen einen Vermächtnisnehmer.

 

Ziel einer Herabsetzungsklage vor Schweizer Gerichten ist es, die sog. Herabsetzungsberechnungsmasse wiederherzustellen, die der Erblasser mit pflichtteilsbeeinträchtigenden Verfügungen verringert  hat. Die Herabsetzungsmasse setzt sich zusammen aus

  • Den Nachlassaktiven im eigentlichen Sinne;
  •  sämtlichen lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers, soweit sie nicht der Ausgleichung unterliegen, einschließlich der Erbabfindungen und Auskaufbeträge. Dazugehören auch die grundsätzlich ausgleichspflichtigen Zuwendungen, soweit sie nicht zur Ausgleichung gelangen, sei es, weil der Zuwendungsempfänger Nichterbe wird, sei es weil der Zuwendungsempfänger zwar Erbe wird, jedoch aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen oder Erblasser rascher Anordnung die Zuwendung nicht auszugleichen braucht. Ebenfalls dazu gehörend lebzeitige Zuwendungen, die aufgrund der Zustimmung des überlebenden Ehegatten nicht im Rahmen der güterrechtlichen Hinzurechnung zu berücksichtigen sind.
  • dem Rückkaufwert der vom Erblasser zu Gunsten Dritter begründeter Versicherungsansprüche.

Will ein Kläger, der noch nicht im Besitz der Erbschaft ist, zugleich die Verurteilung des Beklagten zur Herausgabe des Nachlasses erlangen, so muss er primär Erbschaftsklage erheben. In einer derartigen Erbschaftsklage vor Schweizer Gerichten ist das Herabsetzungsbegehren inzident enthalten.

6. Auskunft vom deutschen Steuerberater des Erblassers

Von vielen Erben vernachlässigt, jedoch für die Ermittlung des Umfangs des Nachlasses und für die Ermittlung von Geld im Ausland sehr ergiebig sind die Auskunftsansprüche der Erben gegen die Deutschen Steuerberater, die den Erblasser vielfach über Jahrzehnte betreut und beraten haben. Dies gilt sowohl für Steuerberater von Erblassern, die in die Schweiz übergesiedelt und dort verstorben sind, als auch für die Berater von Erblassern, die ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten haben. Da die Übersiedlung des Mandanten in die Schweiz zumeist mit einer grundlegenden Neustrukturierung des Vermögens in einem über Jahre dauernden Beratungsprozess verbunden ist, geben die Auskünfte der Steuerberater an die Erben des verstorbenen Mandanten wertvolle Hinweise auf die Zusammensetzung seines Vermögens. Die Deutschen Steuerberater haben nicht nur die jährlichen Einkommensteuererklärungen des Erblassers mit den detaillierten Anmeldungen zu den vielfältigen Einkommen ihres Mandanten vorbereitet, wie Einkünfte aus Kapitalvermögen, Zinseinkünfte, Einkünfte aus Beteiligungen und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Vielfach haben die Steuerberater zugleich auch die Unternehmen betreut, an denen der Erblasser beteiligt war und für diese Unternehmen die jährlichen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuersanmeldungen betreut. Zugleich verfügen die Steuerberater über detaillierte Kenntnis zu bilanziellen und steuerlich bedeutsamen Gestaltungen. Die Steuerberater sind verpflichtet, die Unterlagen der von ihnen betreuten Mandanten und Unternehmen mindestens 10 Jahre, vielfach wegen noch nicht abgeschlossener Betriebs- Außenprüfungen auch noch weit länger aufzubewahren. Gezielte Auskunftsersuchen qualifizierter, steuerrechtlich und betriebswirtschaftlich versierter Berater der Erben können zu wertvollen Erkenntnissen führen.

7. Auskunftsansprüche nach deutschem Recht gegen Erben und sonstige Empfänger von Vermögen des Erblassers

Einem pflichtteilsberechtigten Erben steht nach Deutschem Recht ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu, wenn der Erblasser innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren vor seinem Tod Schenkungen an Personen oder Organisationen ( z.B. an einen Trust oder eine Stiftung) gemacht hat. Daneben kann ein benachteiligter pflichtteilsberechtigter Erbe von den übrigen Erben die Anrechnung und Angleichung von sog. Vorempfängen verlangen. Diese Ansprüche sind gerichtlich durchsetzbar. Zur Vorbereitung dieser Ansprüche dienen Auskunftsklagen gegen sämtliche Personen, denen der Erblasser Vermögen übertragen hat, wodurch die Pflichtteilsrechte beeinträchtigt wurden. Für die Ergiebigkeit derartiger Auskunftsansprüche gilt das oben gesagte. Auch hier setzt die Erhebung einer Auskunftsklage eine sorgfältige Vorbereitung und intensive Vorermittlungen voraus. In vielen Fällen ergibt bereits eine sorgfältige Analyse der Konto- und Depotunterlagen von Schweizer Banken brauchbare Hinweise auf Vermögensverschiebungen des Erblassers zu Gunsten bestimmter Personen, die im Nachhinein Pflichtteilsergänzungsansprüchen auslösen können. Für die begünstigten Personen ist die Aufdeckung derartiger Transaktionen mit der Gefahr der Entdeckung von Steuerstraftaten verbunden, wenn sie die Kapitalerträge aus den empfangenen Vermögensbestandteilen nicht in Deutschland ordnungsgemäß deklariert haben

8. Nachträglich bekannt gewordenes Vermögen – Verjährung Pflichtteilsanspruch 3 Jahre

Nach deutschem Recht verjährt der Pflichtteilsanspruch in 3 Jahren. Die Verjährung beginnt am Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist - also der Erblasser verstorben ist - und der Pflichtteilsberechtigte von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Personen des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste.

 

Nicht selten taucht Auslandsvermögen des Erblassers erst später auf, wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 16.1.2013 -IV ZR 232/12- entschieden, dass es für den Beginn der Verjährung nur darauf ankommt, ob der Pflichtteilsberechtigte überhaupt von seinem Pflichtteilsanspruch als solchem Kenntnis erlangt hat. Dagegen kommt es nicht auf eine Kenntnis vom Umfang und vom Wert des Nachlasses an. Wenn deshalb nach Ablauf der Verjährung noch Vermögensgegenstände auftauchen, beginn deswegen die Verjährung nicht erneut und verlängert sich auch nicht.

 

Deshalb können die Erben bei nachträglich bekannt gewordenem Vermögen des Erblassers nach Eintritt der 3-jährigen Verjährung weitere Pflichtteilsansprüche zurückweisen.

 

Diese Regel gilt jedoch nur, wenn sich die Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten redlichen verhielten und ihnen die Vermögenswerte bei der Auskunftserteilung selbst nicht bekannt waren. Wenn die Erben dem Pflichtteilsberechtigten aber bewusst eine unrichtige oder unvollständige Auskunft erteilten, steht ihnen der Verjährungseinwand nicht zu.

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