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Für Erbfälle nach Schweizer Recht seit 1. Januar 2023 gelten für Pflichtteilsberechtigte neue Regeln:
Auch das Erbrecht der Schweiz bewahrt nahe Angehörigen, nämlich Ehegatte, eingetragener Partner und Kinder (Nachkommen) davor, dass der Erblasser sie in seinem Testament enterbt und völlig frei über seinen Nachlass anderweitig verfügt. Als Pflichtteilsberechtigten steht ihnen ein gesetzlich unentziehbarer Teil, eine Quote am hinterlassenen Vermögen, dem Nachlass zu. Im Testament frei verfügen kann der Erblasser nur über die sog. frei verfügbare Quote, also den Bruchteil an seinem Nachlass, der verbleibt, wenn man die zwingenden gesetzlichen Pflichtteile abzieht. Ein Testament, das den Pflichtteil der Erben beeinträchtigt, ist zwar nicht unwirksam. Es ist aber so zu korrigieren, dass die Pflichtteilsberechtigten ihren gesetzlichen Mindestanteil erhalten.
Die Enkel des Erblassers ( Großkinder) haben zwar keinen direkten Pflichtteilsanspruch, so lange das Elternteil noch lebt, über das sie mit dem Erblasser verwandt sind. Hat der Erblasser z.B. eine Tochter, die zwei Kinder hat, dann ist zunächst nur die Tochter pflichtteilsberechtigt. Ist die Tochter im Zeitpunkt des Erbfalls aber schon verstorben, dann rücken ihre beiden Töchtern als Enkel des Erblassers als Pflichtteilsberechtigte nach.
Im Gegensatz zum deutschen Erbrecht kommen die Eltern des Erblassers nach neuem Schweizer Erbrecht nicht mehr als Pflichtteilsberechtigte zum Zuge.
Einem Ehegatten gleichgestellt ist der eingetragene Lebenspartner.
Rechtskräftig geschiedene Ehegatten sind nicht pflichtteilsberechtigt. Neu ist, dass ein Ehegatte seinen Pflichtteilsanspruch schon während eines laufenden Scheidungsverfahrens verlieren kann: Sind die Ehegatten nämlich seit mindestens 2 Jahren getrennt lebend oder schwebt ein Scheidungsverfahren, das sie gemeinsam beantragt haben, dann steht dem überlebenden Ehepartner kein Pflichtteil mehr zu. Der überlebende Ehepartner hat dann auch keine Ansprüche mehr als eingesetzter Erbe aus einer letztwillige Verfügung (Testament) und verliert auch seine ehegüterrechtliche Bevorzugung.
Die Geschwister des Erblassers haben keinen Pflichtteilsanspruch.
Nach der gesetzlichenGrundregel kommt auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an: Schweizer Pflichtteilsrecht gilt dann, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hatte, also dort ständig wohnte. Egal ist, ob der Erblasser deutscher oder die Schweizer Staatsbürger war.
Beispiele: Die Erblasserin wurde in Deutschland geboren, heiratete einen Schweizer und zog nach Basel, wo sie verstarb. Dann gilt das Erbrecht der Schweiz und Schweizer Pflichtteilsrecht. Die Erblasserin wohnte in Basel und verstarb in Konstanz, wo sie kurz Urlaub machte. Dann gilt Schweizer Pflichtteilsrecht. Der Erblasser wohnt in Stuttgart und hat ein Konto bei der Schweizer Bank. Dann gilt Deutsches Pflichtteilsrecht. Der Erblasser wurde in der Schweiz geboren und zog nach mit seiner Schweizer Ehefrau nach Berlin, wo er verstarb. Dann gilt Deutsches Pflichtteilsrecht.
Von diesem "Wohnsitzprinzip" gibt es viele Ausnahmeregelungen, von denen im Testament und Erbvertrag oft Gebrauch gemacht wird.
Mehr dazu, welches nationale Erbrecht im Erbfall anzuwenden ist, welche Nachlassbehörde zuständig ist, lesen Sie bitte hier!
Nach neuem Schweizer Erbrechts sind die Pflichtteilsquoten wie folgt:
Wie hoch genau die Pflichtteilsquote ist, richtet sich danach, wie viele pflichtteilsgeschützte Beteiligte als konkurrierende gesetzliche Miterben im Erbfall vorhanden sind:
Nach deutschen Recht steht ein Angehöriger, den der Erblasser auf den Pflichtteil gesetzt hat, außerhalb der Erbengemeinschaft. Ihm steht keine Erbquote am hinterlassenen Vermögen zu. Er kann
nicht mitverhandeln, wie das hinterlassene Vermögen unter den Erben aufgeteilt wird. Der Pflichtteilsberechtigte hat nur einen Anspruch gegen die Erben auf eine Geldabfindung in Höhe seines
Pflichtteilsanspruchs.
Anders nach Schweizer Recht: Hier ist ein Pflichtteilsberechtigter zunächst "virtueller Erbe". Mit einer sog. Herabsetzungsklage oder eine Ungültigkeitsklage kann er seine Erbenstellung
einklagen und wird als Mitglied der Erbengemeinschaft anerkannt.
Solange die 1-Jahresfrist zur Erhebung der Klage noch nicht abgelaufen ist, verfügt der Pflichtteilsberechtigte als „virtueller Erbe“ nach Schweizer Recht schon selbst über alle Möglichkeiten, den Umfang des Nachlasses zu ermitteln und eigene Nachforschungen in alle Richtungen anzustellen. Von den depot- und kontoführenden Banken kann er z.B. über den gesamten aufbewahrungspflichtigen Zehnjahreszeitraum die Konto- und Depotauszüge anfordern und so die Zu- und Abflüsse im Vermögen des Erblassers nachvollziehen.
Nach deutschem Recht ist der Pflichtteilsberechtigte dagegen auf die Auskünfte über den Bestand des Nachlasses angewiesen, die ihm die Erben erteilen. Er kann zwar in den Grundbüchern und Handelsregistern das Immobilien- und Beteiligungsvermögen des Erblassers selbst recherchieren. Bei Geldanlagen steht dem Pflichtteilsberechtigten jedoch kein eigener Auskunftsanspruch gegen die Banken zu, weil ihm die Erbenstellung fehlt. Die Erben müssen ihm nur Auskunft über den Stand der Konten und Depots zum Todeszeitpunkt geben. Zur Herausgabe von Depot- und Kontoauszügen aus früherer Zeit sind auch sie nicht verpflichtet.
Bei Geltung des Schweizer Erbrechts haben die pflichtteilsberechtigten nahen Angehörigen aus Deutschland also viel bessere Möglichkeiten, die Geldanlagen des Erblassers bei Schweizer Banken über einen langen Zeitraum hinweg selbst und auf eigene Faust zu durchleuchten. Sie sind nicht auf die Auskünfte der Erben angewiesen.
Der Pflichtteil in der Schweiz wird mit der sog. Herabsetzungsklage eingeklagt. Dabei werden die testamentarischen Verfügungen und auch den lebzeitigen Verfügungen, mit denen der Erblasser die
Pflichtteilsrechte von Erben verletzte, rechnerisch anteilig herabgesetzt (siehe: *Klagen in der Schweiz*)
Achtung: Die Frist für die Herabsetzungsklage ist sehr kurz und beträgt nur ein Jahr. Zwar beginnt die Frist nicht schon automatisch mit dem
Erbfall. Jedoch genügt für den Beginn der Frist schon die bloße Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von Verfügungen des Erblassers, die möglicherweise seinen Pflichtteil verletzt haben.
Mit der Herabsetzungsklage nach Schweizer Recht können auch Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten angegriffen werden, mit denen absichtlich oder unabsichtlich der Pflichtteil verletzt wurde. Angreifbar sind Schenkungen innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren vor dem Tod des Erblassers. Nach deutschem Erbrecht bestehen Pflichtteilsergänzungsansprüche, wenn die Schenkung bis zu 10 Jahre vor dem Erbfall erfolgte.
Hat der Erblasser Willensvollstreckung angeordnet, dann können pflichtteilsgeschützte Erben mit einer Herabsetzungsklage verlangen, dass die Pflichtteilsquote von 3/4 des Erbes von der Willensvollstreckung befreit bleibt. Weitere Informationen hierzu und zu den Nachteilen der deutschen Testamentsvollstreckung für die Erben lesen sie hier.
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